Exhibition: Hauch | P145, Berlin
List of works in order of appearance:
Kaltes Leuchten, 2022, installation view
Handstücke, clay imprints, spray paint
Kaltes Leuchten, installation view
Stier (Rudolf Siemering), 2022
Sublimation print on alu
Pictures: CHROMA
In den drei großformatigen Fotografien aus Juliane Tübkes Serie Kaltes Leuchten (2022) taucht das Antlitz gewaltiger Tiere aus dem Dunkel der tiefen Nacht an die Bildfläche. Bison, Stier und Grizzlybär sind keine freundlichen Zeitgenossen. Das Gefühl will nicht weichen, dass wir hier heimlich auf sie blicken, wie eine Infrarotkamera, die ausgelöst von Bewegungen nachts im Wald einen Sekundenbruchteil des verborgenen Lebens der Wildtiere einfängt. Tagsüber sind diese Porträtierten zahme Skulpturen, die am Floraplatz im Berliner Großen Tiergarten still Berührungen und Kletterpartien über sich ergehen lassen.
Das Berühren hat eine besondere Bedeutung für Juliane Tübkes Arbeit. Behutsam trägt sie eine fluoreszierende Lösung auf die bronzene Haut der Tiere auf, um ihre Züge fotografisch sichtbar zu machen. Dabei entsteht der Eindruck einer Plastizität, die so bei Tageslicht mit dem bloßen Auge nicht fassbar wird, und ein gespenstischer Aufschein von Bewegung, Kraft und wilder Energie.
Der Drang, Skulpturen zu berühren, den Schaffensprozess nachzufühlen, kann im sogenannten öffentlichen Raum ungehindert ausgelebt werden. Und es ist verlockend, solche Tiere zu streicheln, mit denen eine Begegnung in der Wildnis tödlich enden könnte. Die Haut der Skulpturen wird über die Jahre von unzähligen Händen poliert. Juliane Tübke nimmt Abdrücke von den Stellen der Berührung. Diese Handstücke (2022) stehen nicht bloß inhaltlich sondern auch formal im engen Bezug zu den Fotografien, die ja im Unterschied zu konstruierten Bildern Abdrücke, Spuren sind von Licht auf Körpern im Raum. Beide Arbeiten widmen sich der Gruppe der acht lebensgroßen Tierskulpturen des Berliner Bildhauers Rudolf Siemering (1835-1905) als Teil eines umfangreicheren künstlerischen Rechercheprozesses, mit der Absicht ein Archiv von Tierskulpturen im sogenannten öffentlichen Raum zu entwickeln. Text: Stefanie Bringezu
Exhibition: Hauch | P145, Berlin
List of works in order of appearance:
Kaltes Leuchten, 2022, installation view
Handstücke, clay imprints, spray paint
Kaltes Leuchten, installation view
Stier (Rudolf Siemering), 2022
Sublimation print on alu
Pictures: CHROMA
In den drei großformatigen Fotografien aus Juliane Tübkes Serie Kaltes Leuchten (2022) taucht das Antlitz gewaltiger Tiere aus dem Dunkel der tiefen Nacht an die Bildfläche. Bison, Stier und Grizzlybär sind keine freundlichen Zeitgenossen. Das Gefühl will nicht weichen, dass wir hier heimlich auf sie blicken, wie eine Infrarotkamera, die ausgelöst von Bewegungen nachts im Wald einen Sekundenbruchteil des verborgenen Lebens der Wildtiere einfängt. Tagsüber sind diese Porträtierten zahme Skulpturen, die am Floraplatz im Berliner Großen Tiergarten still Berührungen und Kletterpartien über sich ergehen lassen.
Das Berühren hat eine besondere Bedeutung für Juliane Tübkes Arbeit. Behutsam trägt sie eine fluoreszierende Lösung auf die bronzene Haut der Tiere auf, um ihre Züge fotografisch sichtbar zu machen. Dabei entsteht der Eindruck einer Plastizität, die so bei Tageslicht mit dem bloßen Auge nicht fassbar wird, und ein gespenstischer Aufschein von Bewegung, Kraft und wilder Energie.
Der Drang, Skulpturen zu berühren, den Schaffensprozess nachzufühlen, kann im sogenannten öffentlichen Raum ungehindert ausgelebt werden. Und es ist verlockend, solche Tiere zu streicheln, mit denen eine Begegnung in der Wildnis tödlich enden könnte. Die Haut der Skulpturen wird über die Jahre von unzähligen Händen poliert. Juliane Tübke nimmt Abdrücke von den Stellen der Berührung. Diese Handstücke (2022) stehen nicht bloß inhaltlich sondern auch formal im engen Bezug zu den Fotografien, die ja im Unterschied zu konstruierten Bildern Abdrücke, Spuren sind von Licht auf Körpern im Raum. Beide Arbeiten widmen sich der Gruppe der acht lebensgroßen Tierskulpturen des Berliner Bildhauers Rudolf Siemering (1835-1905) als Teil eines umfangreicheren künstlerischen Rechercheprozesses, mit der Absicht ein Archiv von Tierskulpturen im sogenannten öffentlichen Raum zu entwickeln. Text: Stefanie Bringezu